Verehrter Leser der Volldständigen Edition, lesen Sie nun das große Finale unserer fantastischen Reise durch ein Abenteuer, das uns schließlich bis zum Mond geführt hat – ganz in der Tradition Jules Vernes. Es war mir eine große Freude, diesen Urlaub, der ja ganz anders geplant war, mit Ihnen zu teilen. Und erlauben Sie mir die interne Bemerkung, dass diese Serie eine der ganz wenigen, wenn nicht sogar die erste ist, die ich überhaupt zum Abschluss bringe – auch, wenn es zwischenzeitlich so aussah, als würde mir das gar nicht mehr möglich sein. Denn angekommen auf der …


… Mondbasis stehen meine Gefährten und ich vor der schwierigen Mission, die Grand Dame der Milchstraße zu erledigen und hernach die gesamte Mondbasis zu zerstören, war sie doch jahrzehntelang der Rückzugsort der Nazis bis in unsere Cait, in der ihnen ihr Comeback gelungen ist („Nie wieder!“).

„Ich finde es übrigens fast etwas surreal, dass wir auf dem Mond stehen“, sagt meine Frau.

„Die größte Überraschung ist, dass er eine Scheibe ist. Das hatten selbst unsere irdischen Verschwörungstheoretiker nicht auf dem Schirm“, sage ich und Zacharias ergänzt:

„Dabei ist es nur logisch. Wäre der Mond kugelförmig, wären Ebbe und Flut auf der Erde gar nicht möglich. Erst durch das schnelle Rotieren der Mondscheibe kommt es zu den Winden, die die Fliehkraft des Mondes auf den Erdwürfel übertragen. Dadurch rutschen die Meere …“

„Pardon, ‚Erdwürfel‘?“, frage ich bass erstaunt.

„Ja, sicher. Was denn sonst? Scheibe?!“, lacht Zacharias, „Du armer, irrer Montagsdemonstrant. Apropos, wir müssen jetzt unentdeckt in dieses Gebäude eindringen. Das ist die Zentrale der Pegida-Mond-Sektion. Hier sind immer alle sehr schlecht gelaunt und latent wütend.“

„In meinem Medizinstudium habe ich mal gelernt, dass Pegida-Mitglieder allesamt einen überdurchschnittlich hohen Blutdruck haben“, gebe ich zum Besten und werde von meiner Frau unterbrochen:

„Du? Medizinstudent? Was kommt als nächstes? Aufgeschlossen und kontaktfreudig? Optimistisch und weltoffen?!“

„Pssst!“, flüsterschreit Zacharias, „Da hinten, da kommt jemand!“

Eine der größten kommuninkativen Errungenschaften der Menschheit ist das Flüsterschreien. Das macht ihr auch aus anatomischer Perspektive niemand nach: Der Mensch ist in der Lage, zwei vollkommen widersprüchliche Lautstärken parallel zu einer neuen Lautstärke zu vereinen. Er kann flüsternd schreien, insbesondere Männern gelingt das ganz hervorragend. Leider vermochte bislang noch kein Autor, einen Flüsterschrei mit Wörtern in Abgrenzung zu Worten wiederzugeben. Die Erklärung für dieses Unvermögen ist banal: Das Flüsterschreien wurde erst nach Erfindung der Schrift entwickelt.

Wir verstecken uns hinter einer Säule: Zacharias, meine Frau, unsere Tochter im Mond-Buggy und ich – hintereinander aufgereiht, sodass man uns nur aus einem bestimmten und physikalisch sehr unwahrscheinlichen Blickwinkel hinter der Säule sehen kann. Leider tritt aber genau dieser unwahrscheinliche Fall ein: Die Pegida-Mitglieder, die am Ende des Ganges montagsspazieren – auf dem Mond ist jeder Tag Montag (darum ja auch „Mond“), was für die Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes, die gerade neu auf der Mondbasis ankommen, eine unangenehme Überraschung ist, haben uns entdeckt. Hochrot laufen sie an und werden noch wütender, sind also oberhalb ihres ohnehin hohen Grundwutniveaus unterwegs. Aber sie scheinen unentschlossen, denn sie marschieren einfach weiter.

„Sie marschieren immer im Kreis“, stelle ich fest.

„Ja, auf dem Mond müssen sie unentwegt montagsspazieren. Es heißt, hier herrsche ein strenges Regiment, was das angeht. Wenn sie jetzt ausscheren, um uns zu fassen oder zu melden, gilt das als unzulässige Unterbrechung ihres Montagsspazierganges“, erklärt Zacharias.

„Und was passiert dann?!“, will ich wissen.

„Pegida wird angeführt vom Wächterrat der Oberspaziergänger. Der wacht über die Einhaltung des Montagsspaziergebotes. Beim Verstoß dagegen wird der Beta-Blocker gestrichen und der hohe Blutdruck wird dem Pegida-Mitglied zum Verhängnis.“

Und es ist meine Frau, die bemerkt, wie die Pegida-Mondspaziergänger zwar immer noch ihre Kreise ziehen, sich dabei aber uns nähern: „Sie rotieren zu uns herüber!“

„Wenn sie aufhören zu rotieren, hört auch die Mondscheibe auf, sich zu drehen. Das hätte massive Auswirkungen auf Ebbe und Flut auf dem Erdwürfel“, weiß wieder Zacharias, der auffällig viel weiß, seit wir unterwegs sind.

„Moment“, sage ich, „Wenn wir die Mondbasis zerstören, spazieren auch die Pegida-Wutbürger nicht mehr. Wäre das auch das Ende der Gezeiten?“

Nicht doof, was ich da sage, oder? Es besteht die Möglichkeit, dass ich mich da in Sachen Handlung ein wenig verrannt habe. Mir bleiben noch etwa 600 Wörter, um das hier galant zum Abschluss zu bringen. Sie können sich sicher sein, ich weiß gerade genau so wenig wie Sie über den Ausgang unserer rasanten Schussfahrt zum Mond.

„Vierecks-Formation!“, ruft meine Frau, „Wenn wir in Form eines Vierecks auf sie zu spazieren, können wir wir mit unseren vier Ecken ihre Kreisformation zerstören!“

„Aber wir sind fünf. Ginge auch ein Fünfeck?“, frage ich.

„Wir sind vier, du Idiot“, sagt sie nur.

Rrrrichtig. Der Autor hat sich verzählt. Schade, denn die Fünfeck-Variante hätte Sie vom Hocker gerissen.

Und so bilden wir ein Viereck und spazieren Pegida entgegen. Nach einer halben Stunde haben wir sie erreicht. Und ja, wütend sehen Sie aus, hochrot stampfen sie mit ihren ausgelatschten Mondschuhen auf. Ich meine, Furcht in ihren Augen zu sehen, da sie mit unserer Vierecks-Formation nicht gerechnet haben. Und es muss ihre Angst vor dem Wächterrat der Oberspaziergänger sein, denn tapfer spazieren sie weiter – sehenden Auges in ihr Ende: unsere vier Ecken stören ihren Spaziergang und schleudern einen nach den anderen aus ihrem Kreis. Sie ergreifen die Flucht: vor uns, aber auch vor dem Wächterrat der Oberspaziergänger.

Wir bewegen uns weiterhin in Formation und erreichen – purer Zufall – das Hauptquartier der Grand Dame der Milchstraße, der Strippenzieherin der Mondbasis und der Rutztekostan-Verschwörung. Die große eiserne Tür öffnet sich und eine blecherne Stimme tönt aus einem Lautsprecher, wie wir vermuten:

„Kommt nur rein, ich habe euch erwartet“,

sagt die Grand Dame Beatrix Amelie Ehrengard Eilika von Storch, geborene Herzogin von Oldenburg, die dann plötzlich vor uns steht und weiter mit blecherner Stimme spricht:

„Doch schließt besser eure Augen zum Schutz vor meiner alles überstrahlenden Schönheit!“

„Na ja, also ich weiß nicht, sage ich mit offenen Augen. Das mag ja dem Schönheitsideal auf der Mondscheibe entsprechen, aber auf dem Erdwürfel … also das ist unterirdisch.“

Zacharias unterbricht mich: „Das ist bodyshaming.“

„Ja, gut, aber das ist ja auch Nazikacke. Und es ist ja der Hass, der hässlich macht. Diese ganzen Nazifressen sind von Hass so zerrieben und gezeichnet, dass man ihnen Hass und Wahnsinn ansieht. Das kann ja kein Zufall sein. Sie sind machtversessen, weil sie die Macht nutzen wollen, um zu zerstören, blind zu zerstören. Ihr Antrieb ist nicht ein Ideal einer Zukunft, wie sie womöglich selbst glauben, ihr einziger Antrieb ist der sie selbst auffressende Hass auf alles und jeden. Gestalten heißt bei ihnen Zerstören – und sie haben alle bei sich selbst angefangen: Es steht ihnen ins Gesicht geschrieben.“

Beatrix Amelie Ehrengard Eilika von Storch, geborene Herzogin von Oldenburg, steht noch vor uns und konnte unter großen Anstrengungen meinen Worten folgen. Trotz ihrer massiven Beschränktheit scheint sie zu verstehen. Und plötzlich geschieht etwas, mit dem wir nicht rechnen konnten – und das ist auch der Befreiungsschlag für den Verfasser dieser Zeilen: Das Gesicht von Beatrix Amelie Ehrengard Eilika von Storch, geborene Herzogin von Oldenburg, es …

„Es schmilzt!“, ruft meine Frau.

Und tatsächlich, es löst sich auf, es löst sich vom, Schädel, alles fließt, panta rhei, aber nach unten, die ganze Person fällt in sich zusammen.

„Seht, die Gemälde da an der Wand von Adolf Höcke!“, rufe ich, denn auch die Höcke-Visagen fallen in sich zusammen.

„Und, Leute, was mir noch auffällt: Seht Euch diesen Raum mal genauer an!“, sage ich.

„Großer Gott, das ist das Bernsteinzimmer!“, ruft Zacharias.

Sofort schlage ich vor, das Bernsteinzimmer eilig abzubauen und samt der interplanetaren Hyperschallatomwasserstoffkernfusionssolarwindkraftrakete SF-3000 mit zur Erde zu nehmen. Und so geschieht es, dank insbesondere meiner handwerklichen Fähigkeiten können wir das Bernsteinzimmer im Mond-Buggy meiner Tochter verstauen. Auf dem Weg zurück zur interplanetaren Hyperschallatomwasserstoffkernfusionssolarwindkraftrakete SF-3000 sehen wir geschmolzene Überreste von Mondnazis als Pfützen Wachs gleich auf dem Boden. Fast rutsche ich auf einem Nazi aus, kann mich gerade noch so fangen. Wir erreichen die interplanetare Hyperschallatomwasserstoffkernfusionssolarwindkraftrakete SF-3000 und geistesgegenwärtig drücke ich, ganz Held, noch den Selbstzerstörungsschalter der Mondbasis. Zacharias startet die Rakete, gibt als Ziel „Erdwürfel“ ein und nur wenige Stunden später landen wir auf der Erde in Münster, in der Heimat. Dort steht mein Vater, der in unserer Abwesenheit die Blumen gegossen hat und sagt: „Da seid ihr aber gut durchgekommen!“

„Ja, nur vor Bremen kurz mal Stau“, sage ich. Und dann lachen wir alle, fallen uns in die Arme. Ein großes Abenteuer liegt hinter uns: Nicht nur haben wir Rutztekostan von den Russen und die Menschheit vor einer tödlichen Waffe befreit, nein, wir haben auch die Welt von Nazis befreit, da auch auf dem Erdwürfel alle Nazis in sich zusammengefallen sind. Seltsamerweise auch einige Poltiker der CDU – nanu?! Und dann übergeben wir auch noch das Bernsteinzimmer dem irdischen Bernsteinzimmerkomitee.

Und nun, wo ich diese Zeilen schreibe, sind wir schon wieder zurück in unserem Zeugenschutzprogramm und führen unser durchschnittliches und gutbürgerliches Leben in Münster weiter. Als wäre all das nie geschehen. Doch wir wissen, dass es geschehen ist.


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